
Marktkommentar von Dr. Ulrich Kater
Lesen Sie jede Woche den aktuellen Marktkommentar von Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank.
Dr. Ulrich Kater studierte Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Göttingen und Köln. 1995 promovierte er am Finanzwissenschaftlichen Seminar der Universität Köln und übte gleichzeitig eine Lehr- und Forschungstätigkeit an der Universität Köln, der Fachhochschule Köln und der European Business School aus.
Von 1995 bis 1999 war Herr Kater im Stab der „fünf Wirtschaftsweisen“ für die Themen Geldpolitik und Kapitalmarkt verantwortlich. Von 1999 an arbeitete er am Aufbau der Volkswirtschaftlichen Abteilung der DekaBank mit. Seit 2004 bekleidet er die Position als Chefvolkswirt der DekaBank und ist seit 2006 auch Vorsitzender der Kommission für Wirtschaft und Finanzen im Verband Öffentlicher Banken.
Darüber hinaus folgte er Lehraufträgen an der Universität Witten-Herdecke, der Zeppelin University Friedrichshafen sowie an der Hochschule der S-Finanzgruppe. Nebenbei ist Ulrich Kater auch als Autor zahlreicher Veröffentlichungen über Geldpolitik, Währungspolitik, internationale Kapitalmärkte, Finanzpolitik, Alterssicherungssysteme und Globalisierung in Erscheinung getreten.
26.05.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Die Märkte halten die Luft an
Das politische Ringen in den USA um die Anhebung der Schuldenobergrenze hält an. Aufgrund der gravierenden Differenzen zwischen Demokraten und Republikanern sind es offenkundig zähe Verhandlungen. Die Zeit für eine Einigung läuft langsam ab. Aus Sicht der Marktteilnehmer ist das Risiko eines noch nie erlebten Zahlungsausfalls der USA nennenswert, sie halten daher die Luft an: Die Kurse von Aktien gaben im Wochenvergleich nach und die Staatsanleiherenditen erhöhten sich spürbar. Die Schäden eines politischen Unfalls wären immens. Daher bleibt das wahrscheinlichste Szenario, dass der nahende Zahlungsausfall in den USA noch rechtzeitig vermieden wird, die Märkte also bald wieder beruhigt ausatmen können. Freilich bleibt es dann immer noch ein herausforderndes Umfeld mit sehr mäßiger gesamtwirtschaftlicher Aktivität, zu hohen Inflationsraten und restriktiver Geldpolitik.
In Deutschland hat das Statistische Bundesamt das Bruttoinlandsprodukt für das erste Quartal nach unten revidiert, sodass nun eine technische Rezession mit zwei Minusquartalen in Folge vorliegt. Die konjunkturellen Sommer-Perspektiven für Deutschland sind mit Blick auf dem im April gesunkenen ifo Geschäftsklima-Index nur bescheiden.
In der verkürzten Pfingstwoche wird sich der Blick wieder auf die Entwicklung der Inflation und mithin der Notenbankpolitik richten. Jedoch zeigt sich eine zähe Inflationsentwicklung bei Dienstleistungspreisen, sodass die sogenannte Kerninflationsrate (ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise) mit 5,5 Prozent nach wie vor zu hoch ausfallen dürfte. Die Europäische Zentralbank wird dies zur Kenntnis nehmen und noch weitere kleine Zinserhöhungen adressieren.
In den USA steht zum Wochenschluss der Arbeitsmarktbericht zu Veröffentlichung an. Die dortige Notenbank Fed wird der Stärke des Arbeitsmarktes und der Lohnentwicklung Beachtung schenken, um den binnenwirtschaftlichen Preisdruck abzuschätzen. Damit dürften die Marktteilnehmer nach dem Aufatmen im politischen Streit um die Schuldenobergrenze unter weiterer Anspannung agieren.
19.05.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Angestrengtes Zinsumfeld
Die Freude über rückläufige Inflationsraten ist an den Märkten zuletzt etwas verflogen. Das Zinsumfeld wirkt wieder angestrengter, die Anleiherenditen sind in der abgelaufenen Woche diesseits und jenseits des Atlantiks spürbar angestiegen. Taktgeber hierfür sind die Vereinigten Staaten: Kommentare von der amerikanischen Notenbank (Fed) verstärken den Eindruck, dass eine erneute Leitzinsanhebung um 25 Basispunkte nicht ausgeschlossen werden kann. Die Finanzmarktteilnehmer erleben, dass die Erzählung über hohe Zinsen für die nächsten Jahre von den Notenbanken betont wird. Auch die angekratzte Schuldenobergrenze gilt es an den Zinsmärkten zu berücksichtigen. Das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit der USA scheint sich indes aufzulösen. Äußerungen des republikanischen Mehrheitsführers im Repräsentantenhaus, McCarthy, dass eine Einigung zur Anhebung der Schuldenobergrenze bis Sonntag erreicht werden könnte und in der kommenden Woche die Abstimmungen im Kongress möglich seien, geben Aktienkursen und dem US-Dollar Rückenwind. Im feiertagsbedingt dünnen Handel schloss der Deutsche Aktienindex (DAX) am Donnerstag zum ersten Mal seit Januar 2022 über 16.000 Punkte und das Allzeithoch bei 16.290 Punkte rückte in greifbare Nähe.
In den nächsten Tagen dürfen die Kapitalmärkte einige Konjunkturdaten erwarten, die die Stimmung wohl kaum einheitlich heben werden. Das Bruttoinlandsprodukt und die Einkaufsmanagerindizes werden die schwächliche Verfassung der Eurolandkonjunktur bestätigen. Die Volkswirtschaften stecken zwar keineswegs in einer schmerzlichen Rezession, aber positive konjunkturelle Dynamik sucht man ebenfalls vergebens. In Deutschland dürfte das ifo Geschäftsklima zurückgehen und die Fragilität der wirtschaftlichen Aktivität unterstreichen. So bleibt der Blick auf die Notenbanken und deren Einschätzung der Inflationsentwicklung: In den USA sollten die Einnahmen und Ausgaben der privaten Haushalte im April gestiegen sein und dabei der Deflator des Privaten Konsums leichte preisliche Entspannung andeuten. Ob dies der Fed eine wohlwollende Interpretation abringen kann, ob mithin der Leitzinspfad an den Börsen freundlicher eingeschätzt wird und der DAX rasch ein frisches Allzeithoch erreicht, verspricht Spannung für die neue Handelswoche.
12.05.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Gipfelsturm abgeblasen
Sah es zu Beginn der abgelaufenen Börsenwoche noch so aus, als wollte der Dax zu einem Gipfelsturm auf neue Höchststände ansetzen, so scheiterte er dann doch schon an der 16.000-Punkte-Marke und ging fast unverändert aus der Handelswoche hinaus. Den Hintergrund stellten weiterhin besser als erwartete Quartalsberichte der Unternehmen dar. Die Gesellschaften können mit dem inflationären Umfeld weiterhin recht gut umgehen. Auch von der Inflation selber gab es ermutigende Nachrichten: Der US-Preisauftrieb schwächte sich im April leicht über den Erwartungen ab. Für die Wirtschaft sind das gute Nachrichten, denn je schneller die Inflation sich wieder beruhigt, desto weniger müssen die Notenbanken geldpolitischen Gegenwind entfachen. Allerdings gab es nicht nur Sonnenschein. So wurden schlechte Zahlen aus der deutschen Wirtschaft sowohl bei der Produktion, als auch bei den Auftragseingängen und der Ausfuhr gemeldet. Auch der Umsatz im deutschen Einzelhandel verringerte sich deutlich. Diese – teilweise starken – Rückgänge sollten allerdings nicht überbewertet werden. Bereits im Dezember 2022 gab es reihenweise rückläufige Wirtschaftsdaten, die nach einigen Wochen durch die Statistik nach oben korrigiert wurden.
Aber von konjunktureller Euphorie kann man für die gesamte Weltwirtschaft gegenwärtig nicht sprechen. Dazu kommt eine besondere Problemlage in der US-amerikanischen Finanzpolitik: Im Januar wurde die Schuldenobergrenze von gut 31 Billionen US-Dollar erreicht und seither werden Rechnungen mithilfe von „außergewöhnlichen Finanzmitteln“ bezahlt. Bereits Anfang Mai sorgte US-Finanzministerin Janet Yellen für Aufregung als sie davor warnte, dass dem Schatzamt deutlich früher als bisher gedacht – nämlich bereits Anfang Juni – die finanziellen Mittel ausgehen könnten. In diesem Fall würden nicht nur Rentenzahlungen und Sozialleistungen gestoppt werden, sondern auch der Zinsdienst sowie Rückzahlungen von Staatsanleihen. Politisch bedingte Unsicherheiten oder Verzögerungen könnte das Finanzsystem weltweit erschüttern. Dazu wollen es die politischen Parteien zwar nicht kommen lassen, aber das Tauziehen im Repräsentantenhaus um einen Beschluss zur Erhöhung der Obergrenze braucht seine Zeit.
05.05.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Gipfelstürmer
Mit ihrer Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte hat die US-Notenbank Fed in dieser Woche wohl den Gipfel im aktuellen Zinserhöhungszyklus erreicht. Auch die Europäische Zentralbank hat ihren Leitzins um einen Viertel Prozentpunkt nach oben genommen, sie sieht im Gegensatz zur Fed aber bei ihrem geldpolitischen Straffungskurs noch etwas Luft nach oben. Die Kapitalmärkte nahmen die beiden Zinsentscheide mit Gelassenheit zur Kenntnis, man hatte allgemein damit gerechnet.
Doch es gibt derzeit einige Themen, die den Notenbanken wie auch den Analysten Kopfzerbrechen bereiten. Die US-Regierung könnte schon bald zahlungsunfähig werden, wenn die Schuldengrenze nicht rechtzeitig angehoben wird. Die Suche nach einem überparteilichen Kompromiss gestaltet sich schwierig. Ein kurzzeitiger Zahlungsausfall der USA würde zu großen Marktturbulenzen führen. Zudem haben der Zusammenbruch der First Republic Bank und die Kurskapriolen bei zwei weiteren mittelgroßen Banken, PacWest und Western Alliance, erneut gezeigt, dass die US-Banken eine sehr schwierige Phase durchlaufen, die vorwiegend den Folgen der deutlich gestiegenen Zinsen geschuldet ist. Im Risikoszenario einer eskalierenden Bankenkrise käme es zu einer ausgeprägten Rezession, die schnell zu ersten Leitzinssenkungen führen würde, insbesondere in den USA. Nach einer tiefen Rezession sieht es aktuell jedoch nicht aus. Weder die Einkaufsmanagerindizes noch der US-Arbeitsmarkt lieferten zuletzt klare Hinweise auf eine spürbare konjunkturelle Abschwächung.
In der kommenden Woche richtet sich das Augenmerk hierzulande auf die deutschen Produktions- und Außenhandelsdaten und in den USA auf die Inflationsdaten für April.
28.04.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Die Konjunktur läuft
Zahlen zur deutschen Konjunktur prägten die wirtschaftlichen Schlagzeilen in der zurückliegenden Woche. Zunächst vermeldete das ifo-Geschäftsklima den sechsten Anstieg in Folge. Dies ist grundsätzlich erfreulich. Trotz dieser erneuten Verbesserung bleibt die Stimmung der deutschen Unternehmen jedoch unter dem langjährigen Durchschnitt. Es ist immer noch die Erleichterung über den überstandenen Energiewinter, die das Geschäftsklima treiben. Die Stimmung bei den Unternehmen zeichnet daher ein gemischtes Bild. Die Lage ist deutlich besser als noch vor Monaten befürchtet. Angesichts steigender Zinsen und fragiler Weltkonjunktur wird aber auch nicht mit einem kräftigen Aufschwung gerechnet. Dieses Stimmungsbild wurde gegen Ende der Börsenwoche durch die „harten Daten“ zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal bestätigt. Demnach hat die Wirtschaftsleistung im Vergleich zu den vergangenen drei Monaten des Vorjahres mindestens stagniert, was noch vor wenigen Wochen als ausgeschlossen galt.
Die Aktienmärkte haben diese wirtschaftliche Aufhellung in diesem Jahr mit deutlich steigenden Kursen quittiert. Jetzt herrscht eine abwartende Haltung vor, bis sich die weiteren Perspektiven klären. Wenig Beachtung fand an den Finanzmärkten der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst. Obwohl er an die Abschlüsse in den inflationsträchtigen 70er Jahren anknüpft, machen die Marktteilnehmer noch keine akuten Gefahren einer Preis-Lohn-Spirale aus. Tatsächlich sind es auch die Lohnabschlüsse im kommenden Jahr, die darüber entscheiden, ob die Inflation weitergeht oder gestoppt werden kann. Bis dahin können die Notenbanken jedoch noch keine Entwarnung bei den Zinsen geben.
21.04.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Keine Euphorie
An den Aktienmärkten haben sich die Kurse in den vergangenen Wochen sehr erfreulich entwickelt. Zum Schluss gab es allerdings auch mal wieder Kursabschläge. Langsam setzt sich nämlich bei den Marktteilnehmern die Erkenntnis durch, dass die Notenbanken alles andere als gewillt sind, die Märkte schon bald wieder mit sinkenden Zinsen zu unterstützen. Die eintreffenden Inflationsberichte sind dazu einfach zu schlecht. Die veröffentlichten deutschen Erzeugerpreise zeigten zwar weiterhin ein rückläufiges Inflationsbild, das allerdings hauptsächlich von gesunkenen Energiepreisen gezeichnet war. In anderen Sektoren, wie etwa den Konsumgüterpreisen, beruhigt sich der Preisauftrieb leider kaum.
An den Aktienmärkten haben in den vergangenen Monaten zwei Faktoren positiv gewirkt. Zum ersten konnten die Unternehmen die gestiegenen Kosten relativ problemlos in ihre Verkaufspreise überwälzen, weil die gesamtwirtschaftliche Nachfrage von Verbrauchern und Unternehmen sehr kräftig war. Das hat die Unternehmensgewinne stabiler gehalten als es für eine wirtschaftliche Schwächephase wie der gegenwärtigen üblich ist. Zum zweiten profitierten die Aktien, insbesondere in Europa, von der allgemeinen Erleichterung, dass die im vergangenen Herbst wegen der Energiekrise befürchteten ökonomischen Absturzszenarien nicht eingetreten sind. In die Zukunft gerichtet ist jedoch höchst unsicher, ob sich die Gewinnentwicklung so halten kann. Die Energiesorgen sind abgelöst worden von Zinssorgen. Die Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen ist tiefgreifender und anhaltender als das manch Marktteilnehmer bislang dachte. Insofern kommt an den Aktienmärkten keine Euphorie auf. Das wiederum hat auch seine gute Seite, denn so werden neuerliche Kurs-Übertreibungen unterbunden. Langfristig bleiben die positiven Aussichten für Unternehmenswerte insgesamt intakt.
14.04.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Meinungsunterschiede
In der abgelaufenen Handelswoche herrschte nachösterliche Ruhe an den Kapitalmärkten. Insbesondere gab es keine schlechten Nachrichten. Die Turbulenzen im Bankensektor sind erst einmal vorbeigezogen. Vor diesem friedlichen wirtschaftlichen Hintergrund setzten die Aktienmärkte ihren Auftrieb weiter fort. Dabei war die Woche aus ökonomischer Sicht keineswegs ereignislos. So mahnte der Internationale Währungsfonds (IWF) in seiner neuesten Konjunkturprognose, dass die Weltwirtschaft vor einer schwierigen Phase stehe. Die Inflationsbekämpfung führe zu höheren Zinsen und belaste damit das weltweite Wachstum. Mit einer Wachstumsprognose für dieses Jahr von nur 2,8 Prozent malte der IWF denn auch kein rosiges Bild für die Weltwirtschaft. Die Risiken von weiteren Ungleichgewichten im Finanzsektor seien gestiegen. Gleichzeitig gab es keine Erfolgsmeldungen von der Inflationsbaustelle.
In den USA ging zwar die Inflationsrate wie erwartet weiter zurück. Mittlerweile hat sich jedoch herumgesprochen, dass dies im Wesentlichen durch die wieder rückläufigen Energiepreise verursacht wird. Zwar standen die Energiepreise auch am Ausgangspunkt der Inflationsbewegung im vergangenen Jahr, aber mittlerweile hat sich hieraus ein breiterer Inflationsprozess entwickelt. Diese breite Welle von anhaltenden Preissteigerungen, etwa im Dienstleistungssektor, ist eben noch nicht gebrochen. Von daher überrascht es, dass an den Zinsmärkten für die USA bereits in der zweiten Jahreshälfte schon wieder Zinssenkungen erwartet werden. Doch diese kann die US-Notenbank Fed einfach nicht liefern, es sei denn, die US-Wirtschaft läuft in eine deutliche Rezession hinein. Allerdings sieht es danach zurzeit nicht aussieht. Hierzulande stieß die Europäische Zentralbank ins gleiche Horn. Mehrere Zentralbanken äußerten sich, dass angesichts hartnäckiger Kerninflationsraten die Leitzinsen in den kommenden Monaten noch weiter ansteigen müssten. Im weiteren Jahresverlauf werden entweder die Notenbanken oder viele Marktteilnehmer ihre Erwartungen korrigieren müssen.
06.04.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Starke Konjunktursignale
Auch in der Vorosterwoche hielt der Dax sein hohes Niveau, auf das er sich erholt hatte, nachdem die Bankenkrise erst mal wieder abgesagt worden war. Den Hintergrund bildeten gute Konjunkturdaten aus Deutschland. Die Exportzahlen weisen wieder nach oben, so dass vom Außenhandel ein kräftiger Impuls für das Wachstum im ersten Quartal ausgehen wird. Zuvor hatten bereits die gesunkenen Energiepreise für Entlastung gesorgt. Auch die Produktion zieht wieder an, so dass die Winterrezession in Deutschland nicht mehr stattfinden wird. Dies sorgte an den Aktienmärkten vorübergehend sogar für einen neuen Jahreshöchststand beim Dax. Allerdings bleibt die Wirtschaftslage nicht ungetrübt. Der Bankenstress hält weiter an, da die Zinsen weiter steigen werden. Dies hat dazu geführt, dass die Kreditnachfrage deutlich rückläufig ist, sowohl in den europäischen Volkswirtschaften als auch in den USA.
Wer die Rolle von Veränderungen der Kreditaggregate für die Konjunktur kennt, muss dies als Warnsignal dafür auffassen, dass die wirtschaftliche Dynamik bis ins kommende Jahr hinein nicht sehr kräftig ausfallen kann. Dies zeigt sich beispielsweise auch in den aktuellen Stimmungsumfragen für die US-Konjunktur, die klar nach unten zeigen. Steigende Zinsen verlangsamen die Konjunktur. Das ist auch erwünscht, schließlich ist die immer noch rekordhohe Inflation einzudämmen. Die Europäische Zentralbank deutete überdies auf die Konsequenzen der verschlechterten Kreditbedingungen für die Immobiliensektoren. Gute Bürogebäude in zentraler Lage sind zwar nachgefragt wie nie und das auch zu hohen Mieten. Veraltete Immobilien bekommen jedoch mehr und mehr Preisdruck zu spüren. Insgesamt halten sich also positive und negative Wirtschaftsnachrichten die Waage. Für die Aktienmärkte ist dies keine so schlechte Umgebung.
31.03.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Inflation beginnt Abwärtstrend
Endlich kommen von der Inflation mal bessere Nachrichten. Die Rate für Deutschland sank im März um mehr als einen Prozentpunkt auf 7,4 Prozent. Man sollte nicht kleinreden, dass Energiepreise und Lieferkettenprobleme sich wieder deutlich beruhigt haben. Das wird in den kommenden Monaten zu weiteren Erleichterungen bei der Inflation führen. Schwieriger wird es mit den hartnäckigen Preissteigerungen, die etwa durch die starken Lohnsteigerungen weiter angefacht werden. Dieser Bodensatz der Inflation wird erst in zwei oder drei Jahren herausgeschwemmt sein, und hierzu sind unabhängig vom gegenwärtigen Bankenstress noch weitere moderate Zinssteigerungen der Notenbanken notwendig. Die Aktienmärkte nahmen den Inflationsrückgang mit Befriedigung auf. Der deutsche Leitindex Dax legte in der zurückliegenden Handelswoche eine deutliche Erholung hin. Grund hierfür war neben den guten Inflationsdaten vor allem aber die Beruhigung der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor diesseits und jenseits des Atlantiks. Die großen Notenbanken machten allerdings auch in den vergangenen Tagen deutlich, dass zur weiteren Eindämmung der Inflation sogar noch weitere moderate Zinssteigerungen notwendig wären. Das hält den Druck auf die Finanzsektoren weltweit aufrecht. An den Kapitalmärkten ist dies sichtbar in ungewöhnlich hohen Schwankungen bei Anleihekursen. Hier herrscht Unsicherheit über den weiteren Kurs der Geldpolitik wie auch über die Entwicklung der Kreditqualität. Für alle Marktsegmente unterstützend waren die jüngsten realwirtschaftlichen Daten. Sie zeigen, dass die Konjunktur unter Berücksichtigung der Belastungsfakten relativ stabil bleibt.
In der kommenden Woche stehen Konjunkturdaten im Mittelpunkt. Neue Stimmungsindikatoren aus China werden Aufschluss darüber geben, wie stark der Aufschwung nach dem Ende der Corona-Beschränkungen ausfallen wird. In Deutschland wird für die Produktion im produzierenden Gewerbe eine stabile Entwicklung erwartet. Zum Wochenschluss folgen dann in den USA mit den monatlichen Arbeitsmarktzahlen noch sehr wichtige Hinweise für die dortige Konjunkturentwicklung.
24.03.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Konjunkturbremse
Auch in der abgelaufenen Börsenwoche dominierte das Geschehen um die Banken die Finanzmärkte. Weltweit wird der Finanzsektor durch die in Rekordtempo gestiegenen Zinsen unter Druck gesetzt. Es sind nicht faule Kredite, die das Problem darstellen, sondern vorübergehende Wertminderungen bei Vermögensgütern in Verbindung mit höheren Refinanzierungskosten der Banken. Sowohl in den USA als auch in der Schweiz haben Aufsicht und Notenbanken die akuten Themen schnell adressiert. Die Auffanglösung für die Credit Suisse wurde von den Märkten zunächst mit Skepsis aufgenommen, da auch bestimmte Anleihegläubiger Verluste einstecken mussten. Danach besannen sich die Marktteilnehmer allerdings auf die Unterschiede zwischen den Regulierungen der Schweiz und denen des Europäischen Währungsraums. Die Aktienmärkte schwenkten zunächst auf einen Erholungskurs ein. Dieser kam jedoch im Verlauf der Woche wieder unter Druck. Denn zum einen erschien bei den US-Regionalbanken das Vertrauen noch nicht ausreichend wiederhergestellt. Zudem machten die Notenbanken deutlich, dass die jüngsten Friktionen nicht zu einer Umkehrung des geldpolitischen Straffungskurses führen würde. Wie in der Vorwoche die Europäische Zentralbank setzte auch die US-Notenbank ihre Zinserhöhungen fort. Die Marktteilnehmer erwarten weniger eine umfassende Bankenkrise als vielmehr Einschränkungen bei der Kreditvergabe und damit verbundene konjunkturelle Bremseffekte. Es zeigt sich damit immer mehr, dass Inflationsbekämpfung nicht zum Nulltarif zu haben ist. So waren in den ersten Konjunkturumfragen aus dem März die Konjunkturerwartungen bereits wieder rückläufig. Eine mögliche weitere konjunkturelle Verlangsamung gefällt den Aktienmärkten nicht. Daher blieb die weitere Kursentwicklung in dieser Woche eher verhalten. Allerdings ist dies durchaus gängige geldpolitische Logik: Schwierigere Kreditbedingungen und eine gedämpfte Konjunktur führen nämlich mittelfristig wieder zu geringeren Inflationsraten.
17.03.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Gift für die Konjunktur
Eine Woche des Erschreckens an den Finanzmärkten liegt hinter uns. Zu Beginn der Woche wirkten sich noch die Pleite der Silicon Valley Bank in den USA auf die Märkte aus. Der starke Renditeanstieg am US-Treasury-Markt der vergangenen Monate hatte zu hohen Kursverlusten im Anleihebestand der Bank geführt. Die US-Einlagensicherung sowie die US-Notenbank haben schnell und effektiv reagiert. Alle Kundeneinlagen wurden sofort abgesichert, und auch für alle anderen Regionalbanken wurde ein umfangreiches Liquiditätsprogramm eingerichtet. Wie oft in solchen Situationen im Bankenbereich wird Misstrauen schnell übertragen. Obwohl es keine inhaltlichen Verbindungen zu den US-Bankenproblemen gibt, erhöhten sich nun auch die Stresssignale auf dieser Seite des Atlantiks, genauer in der Schweiz bei der Credit Suisse. Die zweitgrößte Bank der Schweiz kämpft schon seit längerem mit einer zu geringen Profitabilität. Im Zuge der sich verschlechternden Refinanzierungsbedingungen hat sehr schnell auch dort die Nationalbank Liquiditätsunterstützung signalisiert. Damit wurde die unmittelbare Negativdynamik gestoppt.
An den Aktienmärkten führten die Sorgen vor einer neuen Bankenkrise zu Kursverlusten von vorübergehend fast zehn Prozent, in einigen Sektoren auch mehr. An den Zinsmärkten wurden die zuletzt hohen Zinssteigerungserwartungen wieder ausgepreist und damit die Ursachen der Probleme wieder etwas abgemildert. Es sind die historisch starken Zinssteigerungen der vergangenen Monate, die den Finanzsektoren weltweit zusetzen. Finanzierungen werden teurer, Kreditkonditionen verschärfen sich und vor allem mindern sich die Werte von Vermögensgütern. Dies führt zu Bremswirkungen in der Konjunktur. Aber genau diese Bremswirkungen haben die Notenbanken mit ihren Zinssteigerungen beabsichtigt, denn nur so lassen sich die zu hohen Inflationsraten wieder einfangen. So signalisierte die EZB mit ihrem Zinsschritt im angekündigten Ausmaß von 0,5 Prozentpunkten Kontinuität bei der Inflationsbekämpfung wie auch ihr Vertrauen in die Solidität des europäischen Bankensystems. Dass auf diesem Weg die Finanzstabilität gewahrt bleiben muss, ist eine notwendige Nebenbedingung. Sie wird Notenbanken und Aufsicht in den kommenden Monaten weiter beschäftigen.
10.03.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Aktienkurse auf hohem Niveau
Die Aktienmärkte verharrten über den Großteil der zurückliegenden Woche auf ihrem hohen Niveau, bevor – gegen Ende der Woche – Sorgen um die Auswirkungen der Zinssteigerungen auf US-Banken Kursrücksetzer auslösten. An den Anleihemärkten stiegen die Renditen weiter an. Den Hintergrund bildeten Aussagen von Zentralbankern aus den USA wie auch aus dem Euroraum, dass die Eindämmung der hohen Inflation im Vordergrund ihrer Geldpolitik stehen müsse. Das bedeutet, dass die Notenbanken mit weiteren Zinssteigerungen die Konjunkturbremse drücken werden. Dabei fahren die Notenbanken „auf Sicht“, das heißt, dass aktuelle Datenveröffentlichungen, wie etwa die Arbeitsmarktzahlen in den USA einen unmittelbaren Einfluss auf Höhe und Timing des nächsten Zinsschrittes haben. Welches Ausmaß die Zinssteigerungen am Ende annehmen, ist selbst aus Zentralbanksicht nicht prognostizierbar. Der Grund: Erfahrungen mit so hohen Inflationsraten in einer globalisierten Wirtschaft gibt es noch nicht. In jedem Fall können die Notenbanker aber schon einen Erfolg verbuchen: Die Finanzmarktteilnehmer haben ihre Inflationserwartungen auf Basis der bisherigen Straffungs- und Kommunikationsmaßnahmen der Notenbanken reduziert. Die Eindämmung der Inflation ist unterwegs, aber es wird noch viele Monate dauern, bis Entwarnung gegeben werden kann. Ob hierbei die Konjunkturentwicklung noch Schaden nehmen wird, steht im Zentrum der Überlegungen am Aktienmarkt.
Zahlen über die Wirtschaftsentwicklung im ersten Quartal hellten zudem die Märkte weiter auf und bestätigten damit das Bild einer stabilen, wenngleich nicht überbordenden Konjunktur im Euroraum. Die Weltwirtschaft und damit auch der deutsche Export wird gestützt durch wieder vermehrte Aktivität in China, wo der nationale Volkskongress ein neues Wachstumsziel von gut 5 Prozent ausrief.
03.03.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Gift für die Konjunktur
Inflation und immer wieder Inflation. Die neuesten Daten zur Entwicklung der Teuerung im Februar fielen enttäuschend aus. Während sich die Preisentwicklung bei der Energie langsam beruhigt, waren die Lebensmittel nun die neuen Preistreiber. Hier sind es vor allem verarbeitete Lebensmittel, bei denen gestiegene Energiekosten und Rohstoffpreise an die Verbraucher weitergegeben werden. Diese wiederum versuchen, die Einbußen bei ihren Arbeitgebern einzufordern. Die ersten Warnstreiks in den großen Dienstleistungsbranchen, bei denen in diesem Jahr Lohnverhandlungen im Kalender stehen, werden angedacht. Die Durchsetzungsquote der Forderungen betrug in Deutschland bisher 80 Prozent, ein historisch hoher Wert. Auf der anderen Seite werden die Unternehmen diese Kostensteigerungen in ihre Abgabepreise überwälzen, was den Rückgang der Inflation weiter behindern dürfte.
An den Finanzmärkten wird diese Entwicklung mit einiger Sorge gesehen, denn sie führt zu weiter steigenden Zinsen. So kletterten die Renditen der 10-jährigen Bundesanleihe auf neue Rekordniveaus von mehr als 2,7 Prozent. Steigende Zinsen sind Gift für die Konjunktur und für die Aktienmärkte. Der Dax verharrte jedoch unbeeindruckt in einer Handelsspanne über 15.000 Punkten. Aus der Handelspolitik gab es zur Abwechslung in dieser Woche mit der Einigung im europäisch-britischen Handelsstreit über Nordirland auch mal gute Nachrichten. Eine wieder kooperativere Haltung aus dem Vereinigten Königreich ist auch bitter nötig, denn die Volkswirtschaft ist als Handelspartner nicht nur für Deutschland mächtig hinter anderen Ländern zurückgefallen. Der Wechselkurs des britischen Pfundes reagierte dementsprechend auch nicht euphorisch – zu groß sind die wirtschaftspolitischen Aufgaben, um die britische Wirtschaft wieder fit zu machen.
24.02.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Geopolitik und Konjunktur
Geopolitik und Konjunktur bestimmten die Kurse an den Finanzmärkten in der abgelaufenen Börsenwoche. In der Woche des Jahrestages der russischen Invasion rückte der Krieg in besonderer Weise wieder in den Fokus der Marktteilnehmer. Für Unruhe sorgten insbesondere Berichte über mögliche Waffenlieferungen aus China nach Russland. Da eine solche Unterstützung der militärischen Aggression wirtschaftliche Sanktionen gegenüber China nach sich ziehen würde, zeigte sich zur Wochenmitte eine gewisse Nervosität an den Aktienmärkten. Jedoch wird ein solches Szenario angesichts der hohen ökonomischen Kosten, die ein solches Vorgehen auch für China bedeuten würde, immer noch als recht unwahrscheinlich eingeschätzt. Die Woche verdeutlicht wieder einmal, dass der russische Krieg in der Ukraine jederzeit weiteren enormen Einfluss auf das wirtschaftliche Geschehen nehmen kann. Trotzdem reagierten die Marktteilnehmer auf die gemeldeten Konjunkturdaten positiv.
Die aktuellen Stimmungsumfragen für den Euroraum zeigen, dass die Unternehmen einen übertriebenen wirtschaftlichen Pessimismus ablegen und wieder zuversichtlicher in die Zukunft schauen. Neues gab es auch von der Inflationsrate. Allein eine statistische Revision bewirkte, dass die Teuerung im vergangenen Jahr im Durchschnitt nicht mehr bei 7,9, sondern ‚nur‘ noch bei 6,9 Prozent lag. Was wie Schönrechnerei aussieht, ist tatsächlich eine Übung, die alle fünf Jahre stattfindet. Dann nämlich wird regelmäßig der Warenkorb der privaten Haushalte, welcher der Preismessung zugrunde liegt, aktualisiert. Da die Verbraucher über die Jahre meist zu günstigeren Gütern überwechseln, ist das Ergebnis regelmäßig eine Abwärtskorrektur der vergangenen Inflationsraten. Trotzdem: Auch knapp 7 Prozent sind zu viel. Daher wird die Europäische Zentralbank an ihrem Kurs festhalten und die Zinsen weiter anheben.
17.02.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Stabilität mit Hindernissen
Zu Beginn der zurückliegenden Börsenwoche erstaunte wieder einmal die Stabilität der Aktienmärkte. Mit den schwindenden Hoffnungen auf schnell wieder fallende Zinsen hat sich nämlich ein wesentlicher bisheriger Unterstützungsfaktor fast in Luft aufgelöst. Mantraartig beteuern die großen Notenbanken, dass die bisher angekündigten Zinssteigerungen nicht nur umgesetzt werden, sondern dass die dann erreichten Zinsniveaus noch eine ganze Weile länger beibehalten werden als es vielen Marktteilnehmern lieb ist. Für die Notenbanken steht nun einzig und allein die Inflationsbekämpfung im Vordergrund. Obwohl die Inflationsraten nun auch in Europa beginnen deutlich zu fallen, trauen die Währungshüter dieser Entwicklung nicht über den Weg. Bestärkt wurden sie dabei durch die jüngsten Teuerungszahlen aus den USA. Zwar sank die Inflationsrate dort im Januar zum siebenten Mal in Folge. Aber zum einen sank sie weniger als zu erwarten gewesen war und zum anderen liegt die Inflation für den US-Verbraucher immer noch bei 6,4 Prozent im Jahresvergleich. Eigentlich müsste all das die Aktienmärkte nervös machen, zumal auch die börsennotierten Unternehmen zunehmend von Schwierigkeiten bei der Kostenüberwälzung berichten, was ihre Gewinnmargen einschränkt.
Im weiteren Wochenverlauf zollten die Marktteilnehmer diesen Bedenken denn auch Tribut, und die Kurse gaben zum Wochenschluss hin nach. Angesichts der hohen Unsicherheit über Wirtschafts- und Inflationsentwicklung wird es im Jahresverlauf wohl noch das eine oder andere Luftloch an der Börse geben. Angesichts der vielen negativen Umstände der vergangenen Quartale ist jedoch ebenso bemerkenswert, dass der viel gefürchtete Absturz eben nicht stattgefunden hat.
10.02.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Es ist kompliziert
Die frischen Informationen aus der zurückliegenden Woche haben den Kapitalmärkten für sich genommen keine nennenswerten Impulse gegeben. Vielmehr hallte noch die Woche davor nach, mit den wichtigen Notenbanksitzungen um dem US-Arbeitsmarktbericht. Auch wenn der unerwartet hohe Beschäftigungsaufbau in den USA mit relativ unaufgeregter Lohnentwicklung einherging, hat sich letztlich bei den Finanzmarktteilnehmern die Einsicht durchgesetzt, dass auf die erste Leitzinssenkung doch wohl etwas länger zu warten ist. Entsprechend kam es an den Rentenmärkten zu deutlichen Renditesteigerungen: bei kürzeren US-Staatsanleihen um bis zu 20 Basispunkte und auch bei Bundesanleihen über die verschiedenen Laufzeiten um mehr als 10 Basispunkte. Diese Zinsbewegung nahm den Aktienmärkten etwas den Atem, den diese bei ihrem schnellen Bergauflauf in diesem Jahr hatten. So fiel die Wochenbilanz leicht negativ aus. Aus der Berichtssaison kamen letztlich keine entscheidenden Treiber, die die Kurse der Anteilscheine der Unternehmen beflügeln konnten.
Es ist kompliziert für die Marktteilnehmer, aus Rezessionsperspektiven, rückläufigen Energiepreisen, geopolitischen Risiken und zumindest in Europa Risiken eines Lohndrucks ein ganz klares Bild zu zeichnen. Und dies sollte ja auch noch im Einklang mit der Kommunikation der Notenbanken stehen. So richtet sich der Blick in der kommenden Woche klar auf die Veröffentlichung der Verbraucherpreisdaten in den USA am Dienstag. Es wird den siebten Rückgang der Inflationsrate in Folge geben. So weit so gut. Doch jenseits von Energie- und Nahrungsmittelpreisen zeigt sich die sogenannte Kerninflationsrate durchaus harziger. Es bleibt also sowohl für die Notenbanken als auch für die Kapitalmärkte ein herausforderndes Umfeld.
03.02.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Kräftemessen mit den Notenbanken
An den Kapitalmärkten war es eine große Woche der Notenbanken. Mit der US-amerikanischen Fed, der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank of England tagten die Zentralbankräte dreier wichtiger Währungen. Insbesondere in den Vereinigten Staaten wurden dabei starke Diskrepanzen zwischen der Einschätzung der Fed und der Meinung der Marktteilnehmer über die weitere Zinspolitik deutlich. Da bemühte sich die Fed in der Begründung zu ihrer Zinserhöhung um 25 Basispunkte deutlich zu machen, dass es noch Bedarf für weitere Zinserhöhungen gäbe, aber die Märkte glaubten ihr und den Ausführungen ihres Präsidenten bei der Pressekonferenz einfach nicht. Ähnliches bei der EZB: Sie erhöhte die Leitzinsen um einen halben Prozentpunkt und kündigte mindestens eine weitere Erhöhung an, aber trotzdem sanken an den Anleihemärkten die Renditen. Dies sind zwei von vielen Indizien für das kräftemessende Armdrücken, das gegenwärtig zwischen Notenbanken und Märkten stattfindet.
Die Makroökonomie sendet widersprüchliche Signale. Einerseits über die Stärke der Konjunktur und andererseits die Frage, ob der absehbare Rückgang der Inflationsraten den Inflationsspuk tatsächlich beenden kann. Es spricht einiges dafür, dass die Notenbanken sich für eine Lockerung der Geldpolitik etwas länger Zeit lassen als es sich die Märkte wünschen. Bis es hier in der zweiten Jahreshälfte mehr Klarheit gibt, freuen sich die Aktienmärkte erst einmal über ein freundliches Umfeld. Die Unternehmensberichte über die Gewinne im zurückliegenden Quartal fielen zwar gemischt aus, aber auch hier kann von einem Absturz nicht die Rede sein. Dieser Mix gab dem Dax in der zurückliegenden Woche kräftigen Auftrieb.
In der kommenden Woche stehen vor allem Wirtschaftsdaten aus Deutschland an. Mit dem sentix-Stimmungsindex gibt es die erste Duftnote zum Wirtschaftsverlauf im Januar. Daten zur Industrieproduktion werden ebenfalls gemeldet. Hier liegen die Werte für den Dezember 2022 vor. Das deutsche produzierende Gewerbe sieht sich großen Herausforderungen gegenüber. Eine geringere Nachfrage aus dem Ausland und gestiegene Energiekosten im Inland führen vor allem für die energieintensiven Industriebranchen zu Produktionsrückgängen. Ein schweres Paket hat auch die Bauwirtschaft zu schultern. Nicht nur, dass Material und Arbeitskräfte knapp sind, auch lassen die massiv gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten die Baunachfrage zurückgehen.
27.01.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Aktienmärkte wieder im Tritt
Starke Wirtschaftszahlen boten den Aktienmärkten in der abgelaufenen Woche Unterstützung. In den USA wurde für das letzte Quartal des Vorjahres ein Wirtschaftswachstum von fast 3 Prozent gemeldet. In Deutschland zeigte der Anstieg des ifo-Geschäftsklimaindex, dass die Unternehmen wieder optimistischer in die Zukunft schauen. Trotz wieder kühlerer Temperaturen in Mitteleuropa sank der Preis für Erdgas weiter ab. Die befürchtete Winterkrise findet wohl nicht statt.
Stattdessen wird sich die Diskussion mehr und mehr auf die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland fokussieren. Bei den Rahmenbedingungen für die Unternehmen hat sich in Deutschland großer Reformbedarf aufgebaut. Für die Aktienkurse der meisten gehandelten Unternehmen in Deutschland ist dies jedoch nicht entscheidend. Sie sind in hohem Maße internationale Unternehmen geworden. Egal ob man Umsätze, Gewinne oder die Herkunft der Anteilseigner betrachtet: Die Einflüsse der Weltwirtschaft sind bei weitem wichtiger für die Börsenkurse als die Entwicklungen am Standort Deutschland.
Die Aussichten für eine zügige Beruhigung bei der Inflation in den kommenden Monaten sowie ein höheres Wirtschaftswachstum haben die Aktienmärkte in den ersten Wochen des Jahres beflügelt. In den kommenden Monaten werden zwar auch mal wieder enttäuschende Zahlen gemeldet werden. So sollte die Inflation in Deutschland im Januar erst noch einmal ansteigen, bevor sie den Rückwärtsgang einlegt. Und wie kräftig die Wirtschaft in diesem Jahr wirklich ist, wird sich erst zeigen, wenn der Winter mit seinen Belastungen vorbei ist. Es bleibt aber dabei: Die Aktienmärkte haben nach dem enttäuschenden Jahr 2022 wieder Tritt gefasst.
20.01.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Aktienkurse erhalten ersten Dämpfer
Für die deutschen Aktien war es der beste Jahresstart seitdem es den DAX gibt. Da war es keine Überraschung, dass in der dritten Handelswoche auch mal ein erster Dämpfer einsetzte. Zum einen enttäuschten einige Wirtschaftsdaten aus den USA die Erwartungen. Wichtiger ist aber wahrscheinlich, dass die meisten Investoren zum Jahresbeginn unterinvestiert waren und inzwischen ihre Positionierung nachgezogen haben. Trotzdem stellen sich die Bedingungen für die Aktienmärkte weiterhin besser da als noch zum Jahresende 2022.
In Deutschland machte etwa das ZEW-Wirtschaftsbarometer einen großen Satz nach oben. Zusätzlich keimen mehr und mehr Hoffnungen auf, dass insbesondere die US-Notenbank ihre Leitzinsen bereits in der zweiten Jahreshälfte schon wieder senken könnten. Zwar wird es kein Zurück in die Zeit mit Null- und Negativzinsen geben, aber ein Teil des enormen Zinsanstiegs aus dem vergangenen Jahr könnte 2023 wieder zurückgenommen werden.
Standhaft bei niedrigen Zinsen blieb in der zurückliegenden Woche auch die Notenbank in Japan. Bei der jüngsten Sitzung sendete sie noch keine Signale für einen Wechsel in ihrer jahrelangen Anti-Deflationspolitik. Und das, obwohl die weltweite Inflationswelle auch nach Japan geschwappt ist. Die Märkte zeigten sich enttäuscht, der Yen wertete wieder ab. Nicht nur in Japan wird die die Geldpolitik in diesem Jahr zum Schlüssel für die Entwicklung an den Finanzmärkten. Dies ist angesichts der Bedeutung der Notenbanken als den einzigen Produzenten der gesetzlichen Zahlungsmittel zwar regelmäßig der Fall. Angesichts der anhaltenden Dynamik im makroökonomischen System sind die Entscheidungen der Notenbanken allerdings noch schwieriger vorherzusehen als sonst.
13.01.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Freundlicher Start
Aus dem freundlichen Jahresstart an den Aktienmärkten ist ein Höhenflug geworden. Der Dax nahm die Marke von 15.000 Punkten und spielte damit sogar die US-Aktienmärkte aus. Eine Reihe von Gründen ist dafür verantwortlich, dass sich das Bild doch deutlich aufhellt. Weltweit ist die Konjunktur kräftiger unterwegs als dies im vergangenen Jahr prognostiziert worden war. In Europa hilft die milde Witterung, in China geht trotz der landesweiten großen Infektionswelle die Produktion weiter und die US-Wirtschaft trotzt den bisherigen Zinserhöhungen ihrer Notenbank.
In Deutschland erweisen sich die Konsumenten erstaunlich robust. Aus einem anfänglich zögerlichen Weihnachtsgeschäft wurde am Ende ein lebhaftes Verkaufsgeschehen. Zwar ist die Kaufkraft der Einkommen im vergangenen Jahr durch die Inflation im Durchschnitt um knapp 8 Prozent geschrumpft. Die vielen Gegenmaßnahmen der Bundesregierung haben jedoch dazu geführt, dass dieser Kaufkraftrückgang zumindest halbiert wurde. Dazu kommt, dass die Deutschen keine Angst vor einem Arbeitsplatzverlust haben. Angesichts des Mangels an Arbeitskräften ist der Weg zu einem neuen Job nicht weit.
Der Höhenflug im Dax wird sicherlich in den kommenden Monaten auch mal wieder unterbrochen werden. Viele Anleger springen jetzt erst auf den fahrenden Zug auf, das kann zu Übertreibungen führen. Dazu kommt, dass die kommenden Inflationszahlen aus Deutschland noch einmal trübe ausschauen, weil die Hilfen für die Abschlagszahlungen aus dem Dezember im Januar nicht wiederholt wurden. Auch die anstehenden Quartalsberichte aus den Unternehmen können zeigen, dass die Überwälzung der Kostensteigerungen nicht mehr ganz so einfach gelingen könnte. Es bleibt aber dabei, dass der Pessimismus des vergangenen Jahres sich allmählich auflöst.
06.01.2023, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Höhenflug
Das neue Aktienmarktjahr ist freundlich gestartet, der Dax stieg innerhalb der ersten Börsenwoche um gut drei Prozent an. Leider leiden alle Börsenregeln, die aus den ersten Handelstagen des Jahres Aussagen für das gesamte Jahr treffen, unter dem Schicksal, das für die meisten saisonalen Börsenregeln gilt: Sie stimmen nicht. Es mag sein, dass die Stimmung noch eine Weile lang freundlich bleibt, denn die europäischen Inflationsdaten für den Dezember boten eine positive Überraschung. Viele Marktteilnehmer setzen darauf, dass die Notenbanken bei sinkenden Inflationsraten die Zinsen nicht mehr sehr stark erhöhen, sondern sie im Gegenteil bald wieder senken werden. Dies könnte sich jedoch als Milchmädchenrechnung erweisen. Die Gaspreisbremse hat der Inflation in Deutschland erst mal nur ein Zwischentief beschert. Im Januar wird es zunächst wieder nach oben gehen, bevor die Inflationsraten dann ab März deutlich fallen werden. Mehr und mehr geht es aber nicht mehr darum, ob die Inflationsrate überhaupt wieder sinkt, sondern wie stark sie zurückgeht. Die Notenbanken diesseits und jenseits des Atlantiks haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass mit wieder niedrigeren Inflationszahlen nicht sogleich wieder zur Tagesordnung von Nullzinsen übergegangen werden kann. Denn es reicht nicht, dass die Inflation wieder einstellig wird. Solange das Ziel von zwei Prozent Preissteigerung nicht absehbar erreicht ist, werden die Zentralbanken zurückhaltend bleiben beim Lockern der geldpolitischen Zügel. Mittelfristig sind die Ausgangsbedingungen für die Aktienmärkte trotzdem nicht schlecht: Selbst nach den Zinserhöhungen bleibt das Zinsumfeld moderat. Rückläufige Inflationsraten und eine moderate Konjunkturerholung bilden den Stoff, aus dem eine Kurserholung gemacht ist, wenngleich auch unter größeren Schwankungen.
In der zweiten Handelswoche des neuen Jahres stehen Daten aus Deutschland im Vordergrund. Die Produktion im deutschen produzierenden Gewerbe dürfte im November geringfügig zugelegt haben. Das ist eine sensationell gute Nachricht angesichts der derzeitigen enormen Belastungen. Die deutsche Volkswirtschaft schlägt sich bislang erstaunlich wacker. Ende der Woche werden dann die Wachstumszahlen für das vierte Quartal gemeldet. Hier zeigt sich, ob die Energiekrise tatsächlich zu einem Einbruch in Deutschland geführt hat, oder ob die Rezession gar abgesagt werden muss. Einen weiteren Impuls könnten die Finanzmärkte durch die Inflationszahlen aus den USA erhalten: Eine Inflationsenttäuschung kann die Börsenerholung schnell wieder unterbrechen.
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